Ausbauhaus Südkreuz
Projektbezeichnung: | Ausbauhaus Südkreuz |
Firma/ Institution: | Praeger Richter Architekten |
Kategorie: | Kategorie A |
Jahr: | 2024 |
Bezirk: | Tempelhof-Schöneberg |
AUSBAUHAUS SÜDKREUZ
Gemeinschaftlich, Bezahlbar, Verbundstofffreier Ausbau
Hohe Anforderungen an kleines Wohnprojekt, Konzeptverfahren
Im Rahmen des Konzeptverfahrens „Schöneberger Linse“ hat die „Ausbauhaus“-Baugruppe 2019 den Zuschlag für das Grundstück erhalten. Auf 7 Geschossen befinden sich 13 Eigentumswohnungen und 3 förderfähige Wohnungen. Dazu sind 2 kiezgebundene Gewerbenutzungen und 1 Gästewohnung im Gebäude untergebracht. Auf dem kleinen Grundstück in fußläufiger Entfernung zum Bahnhof Berlin-Südkreuz musste die Baugruppe im Planungsprozess mit den Architekten erhebliche Anforderungen aus dem Konzeptverfahren, dem B-Plan und der Gestaltungssatzung integrieren. Entsprechend des B-Plans sind im Projekt eine nachhaltige Holz-Beton-Hybridbauweise und der Energiestandard KfW 40 umgesetzt (Biogasheizung). Es wurden Vogelbrutkästen in die Fassade integriert sowie das Dach mit Dachbegrünung als Imkerstandort vorgesehen.
Lebenszyklusgerechtes Bauen / Gebäude als Materiallager konstruieren
Die Kosteneffizienz wird auf den gesamten Lebenszyklus des Hauses und damit auf die Rückbaubarkeit und die Wiederverwendung der Baumaterialien übertragen und erweitert. Neubauten von heute werden in Zukunft nicht mehr abgerissen und entsorgt, sondern dienen als wertvolles Materiallager, welches materialbewusst modernisiert oder umgebaut werden kann. Darum sind die Bauelemente des in Holzhybridbauweise errichteten Gebäudes adäquat zu ihrer erwartbaren Lebensdauer eingesetzt. Das bedeutet: Je kurzlebiger die Bauteile des Gebäudes sind, desto eher müssen sie wiederverwertbar und umso einfacher demontierbar sollten sie sein.
(1) Langlebige robuste Tagstruktur
Die dauerhafte Tragstruktur (Brandwände, Decken, Erschließungskern) ist aus Stahlbeton errichtet. Dies ermöglicht auf Dauer eine hohe Nutzungsflexibilität der überspannten Einheiten sowie den einfachen Umbau von tragwerk-unabhängigen Bauteilen.
(2) Rückbaubare Fassade
Die Fassade ist als rückbaubare und recycelbare Holzkonstruktion ausgeführt. Bei Bedarf können einzelne Bauteile abgeschraubt, repariert oder auch ersetzt werden.
(3) Umbaufähiger verbundstofffreier Innenausbau
Entgegen der üblichen Praxis wurde der spätere Umbau mit eingeplant und der Innenausbau der Wohnungen als trockene und größtenteils verbundstofffreie Konstruktion aus nachwachsenden Rohstoffen, ohne Verkleben und Verspachteln von Materialschichten ausgeführt.
Innenwand als trocken montierte Holzwand
Für die Zimmerwände in den Wohnungen wurden trocken montierbare Holzständerwände entwickelt, deren Beplankung und Ausdämmung aus nachwachsenden Holzwerkstoffen besteht und die verbundstofffrei errichtet werden können. Die Wände lagern entkoppelt federnd auf den Holzständern mit verbindenden Kanthölzern und sind mit Holzfaserdämmung ausgedämmt. Schwere 27 Zentimeter dicke Holzplatten bilden die Oberfläche der Innenwände.
Beispiel für zukünftige Umbaukultur im Wohnungsbau
Die im Projekt angestrebte verbundstofffreie Konstruktion im Innenraum ist nicht nur ein wertvolles Materiallager für die Zukunft, sondern ist über Jahrzehnte gesehen auch die kostengünstigere Alternative zu aktuell üblichen Verbund-Konstruktionen. Die verwendeten Baumaterialien sind demontierbar, zu einem großen Teil sortenrein trennbar und sie können somit leicht wiederverwendet werden.
Dies ermöglicht den einfachen und nachhaltigen Umbau oder Nutzungsänderungen bei Bedarf. Durch den sortenreinen Rückbau kommt es zu einem Re-Use-Effekt. Verschraubte Holzplatten, Holzparkett, Holzwolle, Schüttung im Fußboden etc. können geschliffen, neu ausgelegt oder zusammengefegt und am selben Ort oder in anderen Gebäuden wieder eingebaut werden. Die Wohnungen könnten auch nur partiell geändert und um-, an- und weitergebaut werden.
Um die Gebäude als Materiallager wirksam zu machen, müssen alle verwendeten Bauteile genau erfasst und dokumentiert sein. BIM-Modelle halten die Deklarierung der Bauteile fest und Produktdaten machen die Zeiten des Einbaus abrufbar, sodass auch Jahrzehnte später der beste Umgang mit Demontage und Wiederverwendung für jeden Baustoff gefunden werden kann.